Geschichte

GESCHICHTE

unseres Dorfes

Wir erkunden unsere Geschichte


Regelmäßig stellen wir hier die Geschichte des Dorfes Niddawitzhausen näher vor.

Festgottesdienst zum 500-jährigen Jubiläum der Kirche in Niddawitzhausen


1521 wurde die Dorfkirche in Niddawitzhausen eingeweiht. Mit einem Jahr Verspätung wurde jetzt das 500-jährige Bestehen mit einem Festgottesdienst gefeiert.


Hier der Link zum Artikel


https://www.werra-rundschau.de/eschwege/festgottesdienst-zum-500-jaehrigen-jubilaeum-der-kirche-in-niddawitzhausen-91603324.html?itm_source=story_detail&itm_medium=interaction_bar&itm_campaign=share

Friedhofsschild für ungarische Soldaten
- März 2022

Schon waren die Feuer der feindlichen Panzer sehr nahe. Das Osterfest versprach sehr turbulent zu werden. Da meldete sich um die Mittagszeit ein Unteroffizier bei mir und setzte mich in Kenntnis, dass an der Landstraße oberhalb der Brücke ihre Infanteriekolonne durch Tiefflieger angegriffen wurde und durch diesen Beschuss vier junge ungarische Soldaten getötet wurden. Er bat mich, dafür zu sorgen, dass die Soldaten ordentlich beerdigt wurden.

Wir holten die Toten auf einem Ackerwagen in das Dorf und legten sie in das Feuerwehrhaus. Der Unteroffizier blieb dabei, während seine Truppen weiterzogen. Er heftete Zettel mit Namen and die Brust der Toten und ließ Geld für vier Särge zurück.
Der Schreiner Heinrich Schilderoth hatte die Absicht vier Särge herzustellen, doch an den beiden nächsten Tagen war ein Aufenthalt im Freien nicht möglich, da durch die Kampfhandlungen Lebensgefahr bestand. So blieb die Herstellung der Särge unausgeführt. Die Toten wurden also am dritten Tage ohne Särge bestattet.
Die Pflege des Grabes übernahm die Gemeinde Niddawitzhausen und später die Stadt Eschwege.

Der Heimatverein Niddawitzhausen möchte mit dieser Tafel die Erinnerung an dieses traurige Ereignis für Besucher ermöglichen.


Die Spinnstuben: Treffpunkt für Burschen und Mädchen
- September 2020

Aus den Aufzeichnungen der Chronik der Familie Wenderoth (verfasst von Gerd Schilderoth um 1920).

Unsere Enkelkinder können auch mit dem Begriff der Spinnstuben nichts mehr anfangen., auch die Zusammenkünfte nach alter Art und Sitte sind eingegangen. Die jungen Mädchen pflegen Freundschaften mit einer oder zwei Gleichgesinnten sonst reißen nach Schulentlassung die Verbindungen unter den Altersgenossen ab. Auch hier hat die moderne Welt völlige Veränderungen geschaffen. Zu unserer Jugendzeit bildeten die Mädchen eines Schuljahrgangs eine Gesellschaft, weil aber in unserem kleinen Ort oft die Jahrgänge nur wenige Mädchen umfasste, schlossen sich dann zwei Jahrgänge zusammen. 

So wurden unter der Jugend vier bis fünf Gesellschaften gebildet. Die Spinnstuben wurden dann auch zum gleichen Termin abgehalten. Zu den Mädchengesellschaften versammelten sich auch die Burschengesellschaften ähnlichen Alters, die dann für die Getränke zu sorgen hatte. So wurde oft gegeneinander gewetteifert. Auch die Burschengruppen wollten bei den Mädchen sich gleich zu Beginn der Spinnstuben ins beste Licht rücken und waren besonders freigiebig. Das Spinnstuben-Antrinken erfolgte auf den Buß- und Bettag. 

Ich kann verstehen, dass der Pfarrer über diese alte Überlieferung nicht besonders entzückt war, denn die laute Feier oft mit starkem Besäufnis passte nicht zum Feiertag. Aber Brauch ist Brauch und ich selber habe ebenfalls mitgefeiert. Die Mädchen führten in der Spinnstube verschiedene Handarbeiten durch, flickten Strümpfe für die gesamten Familienmitglieder, häkelten und strickten. Die Häkelarbeit wurde sehr gepflegt, Kissen wurden für die Aussteuer verschönert. Die Mädchen saßen dabei um die Petroleumlampe herum. 

Wir Jungen trafen uns jeden Abend an der Straße, um Pläne für den Abend zu machen. Bei regnerischem, kaltem Wetter sind wir zu den Mädchen gegangen, um einen warmen Aufenthaltsort zu haben. Dort saßen wir etwas abseits und trieben viele übermütige Streiche. Auch gingen wir gern mal in Abwechslung zu anderen Mädchengruppen, solange nicht einer total in ein Mädchen verliebt war. 

 Wir bedanken uns bei Udo und seiner Familie für diese Einblicke.

Zu Besuch bei Inge und Helmut Deichmeier und den Fischteichen
- Mai 2020

Seit dem Jahr 1962 lebt Helmut in Niddawitzhausen im Haus seiner Schwiegereltern. im Jahr 1964 haben Inge geb. Stück und Helmut geheiratet. Inges Vater Georg Stück war Eisenbahn-Ingenieur. Über Kassel kam er nach Berlin, die Familie zog immer mit in seine Dienstorte. Familie Stück kam im Januar 1945 als Flüchtlinge nach Niddawitzhausen zurück. Zum Glück gab es da ja noch die Großeltern, die eine Landwirtschaft betrieben und in einem alten Fachwerkhaus wohnten. Alles was Selbstversorger so brauchten war vorhanden: drei Schweine, fünf Kühe und in dem großen Grasgarten hatten ca. 60 Hühner und Enten, Gänse und Puten Platz. 

Auf dem Grundstück entspringt eine Quelle, die reichlich sauberes Wasser führte und später zum Speisen der Forellenteiche genutzt wurde. Im Jahr 1956 baute Inges Vater, Bauingenieur Georg Stück ein neues Wohnhaus auf dem Grund wo bis dato das alte Haus stand. Die Großeltern wohnten im Jahr 1956 bei der Nachbarfamilie Sophie Jung, sie mußten ja in der Nähe des Viehbestandes sein, um dieses zu versorgen.

Im Jahr 1965 wurde dann begonnen, das auf dem Grundstück vorhandene Fließwasser zu nutzen. Das Wasser hatte Sommer wie Winter 8° Celsius und die Quelle schüttete 60 Liter Wasser pro Minute. Nun war es dann bald soweit und die ersten Forellen konnten den großen Teich bewohnen. 150 Setzlinge wurden von einem Züchter aus Lüderbach geholt. Erfahrungen in der Forellenzucht wurden sich langsam angeeignet. Andere Forellenzüchter gaben gute Ratschläge und die eigene Erfahrung ließen die Aufzucht der Forellen auch gut gelingen. Ein Jahr später wurden dann 500 Setzlinge eingesetzt. Alle Speisefische fanden reichlichen Absatz. Nur durch Mund- zu Mund- Propaganda. Nach Erweiterung der Teichanlagen waren es dann bis zu 10000 bis 12000 Forellen, die jedes Jahr verkauft wurden. 

Helmut berichtet uns weiter, dass diese Arbeit von allen Familienangehörigen geleistet wurde, meistens in den Abendstunden und zum Wochenende, da man ja tagsüber seiner beruflichen Arbeit nachgehen musste. Das Witzige dabei: Helmut hat niemals eine seiner Forellen gegessen. Als 8-jähriger war er mal im Schwarzwald in einem Kindererholungsheim. Dort wurde er genötigt, Fisch zu essen. Nach dem letzten Bissen kam alles wieder zurück auf den Teller. Seit dieser Zeit macht er um Fisch einen großen Bogen.

Nach dem Tod von Inges Eltern betrieb die Familie Deichmeier die Forellenzucht weiter. 
Auf der Terrasse von Familie Deichmeier steht heute eine alte Bank, aus Eichenholz gebaut, die schon ca. 200 Jahre als ist. Auf dieser Bank (Foto unten Mitte) sind die Initialen CWE zu erkennen. Diese Bank stand im ehem. Bahnhof Waldkappel im Wartesaal. Die Abkürzung CWE bedeutet: Cassel-Waldkappeler-Eisenbahn. Diese Bank war ein Geschenk der Bundesbahn an Inges Vater zum Abschied aus dem Berufsleben. 

Heute sind die Fischteiche verpachtet. Wir bedanken uns bei Helmut für diese Einblicke.

Weihnachtliche Erinnerungen um 1920 von W.D. aus Niddawitzhausen

Dezember 2019 

Es wurden Plätzchen backen
Wir waren zu Hause vier Geschwister: Meine Schwestern Anna, Christine, Berthel und ich. Vor Weihnachten wurden natürlich Plätzchen gebacken. Die wurden aber weggesteckt. In der Wurstkammer ganz oben lagen sie in einem Korb. Ich dachte, wenn ich mir so zwei oder drei heraushole, merkt das keiner. Aber meine Schwester Anna hat mich erwischt und mich ordentlich „abgewickelt“. 

Ein Christbaum war nicht sebstverständlich
Mein Vater brachte in manchen Jahren einen Weihnachtsbaum aus dem Thüringer Wald mit, wenn er mit der Bahn als Lokomotivführer diese Strecke fahren musste. Mancher holte seinen Christbaum bei Nacht und Nebel aus dem Staatswald. Wer erwischt wurde, musste allerdings eine Strafe zahlen. Einmal überredete mich ein Junge, mit in unseren Wald zu gehen. In der Schonung am Roten Sand sägten wir einen Baum ab. Auf einmal stand der Förster in der Nähe. Wir ließen den Baum liegen und flohen in großen Sätzen aus dem Wald. Wir machten extra einen großen Umweg über die Eltmannshäuser Flur, um unsere Spuren zu verwischen. Einige Tage später wurde ich mitgenommen, um den Weihnachtsbaum für die Kirche zu schlagen, was ja mit Erlaubnis des Försters geschah. Das war auch am Roten Sand. Ich entfernte mich ein bisschen und suchte den Baum, den wir abgesägt hatten. Ich trug ihn zu den anderen und sagte, ich hätte diesen Baum abgeschnitten gefunden. Da durfte ich ihn mit nach Hause nehmen. Ganz wohl war mir nicht bei der Geschichte. Mein Vater hatte immer gesagt, dass wir nicht stehlen sollten. Und gelogen hatte ich doch auch.
Ein neuer Hund
Einmal noch habe ich auch so ein bisschen geschwindelt. Wir hatten immer einen Hund. Als er tot war, wollte mein Vater keinen neuen Hund mehr. Aber ich hätte wieder so gern einen gehabt. Ich war damals schon 15 Jahre alt und Lehrer Karwetzki hatte mich für den Gesangsverein geworben. Ich sang im 2. Bass. Beim Heimkommen von der Singstunde stellte ich unsere kleine Leiter an die Hauswand unter das Fenster der Wurstekammer. Am Morgen, als mein Vater zur Arbeit gegangen war, sagte meine Mutter zu mir, dass der Vater es erlaubt, einen neuen Hund zu holen, weil in der Nacht Diebe versucht hätten, in die Wurstekammer einzusteigen. Kurze Zeit später saßen mein Vater und ich gemütlich beim Schlachtejohl. Ich war so richtig in Stimmung und habe ihm die Sache mit der Leiter und dem Hund erzählt. O, da hat er mit aber mit der Hand gedroht. Es war aber seine rechte, mit der konnte er nicht zuschlagen, weil er Linkshänder war.

Krippenspiele hat der Lehrer einstudiert
Im Gottesdienst am Heiligen Abend wurde oft ein Krippenspiel aufgeführt, das der Lehrer eingeübt hatte. Zu Hause wurden die Kerzen am Weihnachtsbaum angezündet. Darunter lagen kleine Geschenke. Einmal habe ich Bleisoldaten bekommen, die mein Vater mit einem Arbeitskollegen von der Bahn gegossen hat, Ein Andermal schenkte mir mein Pate ein Schaukelpferd, auf das ich sehr stolz war. Meine Schwester Bethel und ich schaukelten oft gemeinsam darauf, wenn es 18 Uhr zu Abend geläutet hatte, denn dann durften wir nicht mehr auf die Straße. Wenn man vom Lehrer erwischt wurde, musste man eine Strafarbeit schreiben. Später am Heiligen Abend zogen wir durchs Dorf und sangen in den Häusern Weihnachtslieder. Dafür bekamen wir ein paar Nüsse oder Äpfel geschenkt. Wir hatten zu Hause keinen eigenen Garten und keine Apfelbäume, deshalb freute ich mich ganz besonders über die dicken Äpfel.

- Diese Geschichte hat uns Pfarrer Döll zur Verfügung gestellt, Dez 2019.

Schlachten im Dorf
Oktober 2019

Willi Lieberum erzählt uns die Geschichte zu den Bildern. Seit Abschluss seiner Metzgerlehre hat Willi bis 2013 Hausschlachtungen in Niddawitzhausen und Umgebung durchgeführt. Damals hatten sehr viele im Dorf eigene Schweine, die meist wegen der Wetterverhältnisse im Winter durchgeführt wurden. Neben seiner Tätigkeit bei der Firma Sandrock in Oberhone hat Willi in seiner freien Zeit  geschlachtet und aus dem Fleisch Wurst für die Dorfbewohner produziert. Mit seinem mobilen Fleischerwerkzeug ist er je nach Bedarf von Hof zu Hof gezogen, um die Tiere vor Ort noch zu verarbeiten. 

„Es gab Winter da habe ich 121 Schlachtungen durchgeführt“, erzählt der 84-jährige Willi Lieberum. 
Der aus Kammerbach stammende Willi lebt seit 1961 in Niddawitzhausen. Eigentlich hat Willi nach der Schule Stellmacher gelernt, ein Beruf in dem man meist für den Wagenbau eingesetzt wurde. Doch der Beruf war kurz nach Beendung der Lehre ausgestorben, moderne Sattelschlepper und Gummireifen machten den Beruf des Wagenmachers überflüssig. Schon bald musste Willi einen neuen Beruf erlernen, er entschied sich für die Metzgerlehre in Bad Soden-Allendorf. 

Zu seiner Ausrüstung gehörten der Holztrog, ein Schußapparat, Axt und Messer, ein Fleischwolf und eine Schabeglocke. Auf dem Bild sieht man Willi damals und heute in der Metzgerschürze und seinem Werkzeug.
Nach der Schlachtung wurden die Schweine an den Sehnen der Füße aufgehängt, wie im Bild zu sehen. Anschließend wurde Wurst gekocht oder Ahle Wurst produziert. Das durch den Fleischwolf gedrehte Fleisch musste im Anschluss von Hand vom Metzger geknetet werden, damit das Ergebnis optimal war. „Das war ein Knochenjob“, erinnert sich Willi. 

Wer im Dorf geschlachtet hat, musste sich darauf gefasst machen, dass sich junge Leute den Streich erlaubten einen Korb ins Haus zu werfen und einen Anteil der Wurstwaren zu verlangen. Mit einem „Anschreiben“ an den Besitzer wurde um eine Gabe gebeten. Oft verkleideten sich dabei die jungen Leute, um unerkannt zu bleiben bei der Abholung des gefüllten Korbs. 

Oft wurde gemeinsam ein Schlachteessen nach vollbrachter Arbeit eingenommen. Hierzu wurde eine eine Nudelsuppe mit Fleischklößchen aus dem frischen Hack gereicht, fische Frikadellen gemacht oder das gekochte Kopffleisch (Schnauze und Wangen) mit Sauerkraut serviert. 

Willi ist kurz nach der Gründung des Heimatvereins Mitglied geworden, also bereits seit 48 Jahren im Verein. Herzlichen Dank für diese Geschichte zu den historischen Fotos!

Historische Bilder - Einschulung


Der letzte Beerdigungsumzug
August 2019


Frau Irene Döll, Ehefrau des ehemaligen Dorfpfarrers, hat 1975 einen Tagebucheintrag zum letzten Leichenzug durch das Dorf verfasst. Damals sind die Verstorbenen nach dem Tod zum Friedhof befördert worden, da es noch keine Halle zur Aufbewahrung der Verschiedenen gab. Der Umzug führte immer an der Dorfkirche vorbei um die Beerdigung dann am Friedhof durchzuführen. Als 1975 die neue Friedhofshalle erbaut wurde, fanden keine Umzüge für die Verstorbenen mehr statt. Das Foto des Umzugs hat Frau Döll aus dem Dachfenster des Pfarrhauses gemacht und Ihre Gedanken aufgeschrieben.

Historische Bilder - Landwirtschaft in Niddawitzhausen


Zahlreiche Familien haben für eine Ausstellung des Heimatvereins zu "Niddawitzhausen früher und heute" Ihre Familienbilder zur Verfügung gestellt. Diese möchten wir auch hier teilen. Im ersten Schritt zum Thema Landwirtschaft im Dorf.

Die Niddawitzhäuser Mühle 
Mai 2019

Einige Bewohner werden sich noch an die Zeiten erinnern, als die Mühle am Petersbach noch in Betrieb war. Erbaut um 1934 von Großvater Adolf Schäfer hat die Wasserkraft des umgeleiteten Petersbachs genutzt, um Roggen, Weizen und Hafer zu mahlen. Enkel Jens Schäfer erzählt: "Damals waren alle froh, dass man lokale Mühlen hatte. Viele Bäcker aus der nahen Umgebung bezogen das Mehl direkt aus Niddawitzhausen. Das Getreide baute meine Familie selbst an."

Bis Anfang der Siebzigerjahre war die Mühle noch in Familienhand aktiv. Als die industrielle Mehlproduktion dann zunahm, lohnte sich der Betrieb nicht mehr und wurde eingestellt. Heute führt uns Enkel Jens durch die Mühle, die sich auf imposante vier Etagen erstreckt und sich gleich am Ortseingang in Niddawitzhausen befindet. Jens erzählt, dass das Mühlrad sich auf der Straßenseite des Gebäudes befand und heute in einer anderen Mühle seinen Zweck erfüllt. Er erklärt uns den damaligen Wasserlauf, der aus der Ortsmitte hinter dem Grundstück in ein Basin geleitet wurde. Dort konnte das Wasser gestaut werden und erst als die Mühle den Betrieb starten sollte, geöffnet werden.

Die Besatzer kommen nach dem Zweiten Weltkrieg und verändern die Regeln. 

 "Mit einigen der ausgebombten Flüchtlinge aus Kassel, die ebenfalls in dem kleinen Fachwerk-Häuschen zur Straße wohnten, hielt meine Familie noch Kontakt bis Anfang der 90er Jahre."

In der Zeit der Besatzung nach dem Zweiten Weltkrieg musste die Familie vom Haupthaus in das kleine Nebengebäude zur Straße hin umziehen, um Platz für die amerikanische Besatzung zu machen. Auf kleinstem Raum lebte die Familie und Angestellte in drei kleinen Zimmern über dem Schweinestall ohne fließendes Wasser in den nur spärlich beheizbaren Räumen. Trotzdem hat man sich mit der schwierigen Lage arrangiert, kam mit den Besatzern gut aus, bis das Haupthaus der Familie wieder zurückgegeben wurde. 

Jens erzählt weiter: "Mit einigen der ausgebombten Flüchtlinge aus Kassel, die ebenfalls in dem kleinen Fachwerk-Häuschen zur Straße wohnten, hielt meine Familie noch Kontakt bis Anfang der 90er Jahre." Die Mühle und die Nebengebäude zeugen von einer bewegten Geschichte.
Jens erklärt, dass die Mühle damals den neuesten Standards entsprach, weil sein Großvater stets mit der Zeit ging, was die Anschaffung neuer Maschinen oder die Modernisierung der zahlreichen Arbeitsschritte anging. Viele Maschinen sind noch vorhanden, wie z.B. der Plansichter von 1931. Der Sichter trennte die Kornbestandteile. Durch den Trennungsprozess wurde das Mahlgut in Bestandteile unterschiedlicher Dichte getrennt, das Mehl sozusagen in unterschiedliche Mineralstoffgehalte zerteilt. 

Zahlreiche Getreidesilos, Abfüllanlagen, Trichter, Mehl- und Getreidesäcke von sind ebenso noch erhalten. Jens zeigt sogar die Etiketten für die Produkte, die Familie Schäfer früher nutzte. Die Mühle bietet auch heute noch ein eindrucksvolles Bild, wie in einem Museum. Wir bedanken uns bei Jens für die spannenden Einblicke und sind beeindruckt von der faszinierenden Geschichte der Niddawitzhäuser Mühle.
 

Die Anfänge des Dorfes

Ein Dorf der Bandkeramikbauern 


Der Ortsname Niddawitzhausen ist schwer zu deuten, es könnte zunächst Niederweidenhausen geheißen haben, möglich ist, dass er auf einen Personennamen zurückzuführen ist. Das an der Bundesstraße 27 liegende Dorf ist eine sehr alte Siedlung und gilt als eines der zwei ältesten im Wehre- und Werratal nachgewiesenen. Vor ca. 3.000 bis 4.000 Jahren ließen sich bandkeramische Bauern im kleinen Bachtal des Petersbachs nieder und errichteten hier erste Hütten und Häuser. Die Keramik forderte einen Boden besonderer Qualität und der Bach bot den Keramikleuten die nötige Wasserquelle für Ihr Handwerk. 

Klosterstätte

1073 erscheint Niddawitzhausen in Schriftstücken als Klosterdorf. Das bei Hersfeld liegende Kloster Petersberg verfügte über eine Siedlung in einem Dorf namens Nidiwitzhusun. Daran erinnern heute noch die Benennungen des Petersbaches und Petersborn oberhalb von Niddawitzhausen. Es soll eine Kapelle des damaligen Klosters in Wassernähe bei den heutigen Fischteichen im Dorf gestanden haben. An den sogenannten "sieben Quellen". Überreste wurden jedoch nie gefunden. 

Eisenbahner kommen

Der Bau der Eisenbahnlinie veränderte die rein bäuerliche Struktur des Dorfes durch den Zuzug  von Eisenbahnmitarbeitern und Beamten. Entlang der B27 entstanden hier für die Eisenbahnbedienstenen  eigene Siedlungen. Einige Gebäude zeugen noch von dieser Zeit und weisen den typischen Charakter auf. Das heutige Gasthaus Rost am Ortseingang war damals die Post. 1931 betrug die Zahl der Landwirte 28  und zum Handwerk zählten 22. Weitere 16 Beschäftigte gehörten der Bahn an.

Lass die Kirche im Dorf

Die Kirche in Niddawitzhausen wurde in vor der Reformation erbaut, vor 1521, und bildet den Kern des Dorfes. Die evangelische Gemeinde ist hier seither beheimatet. Früher fungierte die Kirche als Mutterkirche der Dörfer Eltmannshausen, Weidenhausen und Albungen, was das damals große Pfarrhaus erklärt. Das großzügige rote Backsteingebäude, heute Wohnhaus neben dem Spielplatz, war als Pfarrerssitz vor ca. 100 Jahren gebaut worden.

Dorfleben heute

Seit 1972 gehört Niddawitzhausen als Stadtteil zur Stadt Eschwege. Gemeinsam mit Eltmannshausen feiert Niddawitzhausen 1973 das 900. Jubiläum der Ersterwähnung. Heute hat das Dorf ca. 250 Einwohner. Zahlreiche Feste werden im Dorf gefeiert und von der Feuerwehr, den Bürgern oder dem Heimatverein veranstaltet. Aufräumaktionen, Wandertage, Backfeste in den Backhäusern, Adventstreffen und größere Feste, wie z.B. die Walpurgisnacht zum Maianfang. Ebenso stellt das Dorf am 01. Mai den Maibaum gemeinsam auf. 

Niddawitzhausen verfügt über ein Dorfgemeinschaftshaus in der alten Dorfmitte (ehemals Grundschule) mit Bücherei, die Samstags ihre Türen öffnet. Ebenso gibt es einen Bolzsplatz, einen Spielplatz und zahlreiche schöne Ecken zum Verweilen. Am Rande des Dorfes genießt man eine atemberaubende Aussicht über insgesamt elf Ortschaften in der Umgebung.
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